• 27.11.2024

Rechtsprechungstipp: Zur Ablehnung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen

Leitsätze

  1. Die Ablehnung eines Sachverständigen findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, §§ 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO. Es muss sich dabei um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (BGH, Beschluss vom 15.03.2005, VI ZB 74/04, Rz. 12, juris).
  2. Das Verfahren der Ablehnung eines Sachverständigen ist indes nicht dazu bestimmt, zu überprüfen, ob die Verfahrensweise des Sachverständigen im Rahmen der Begutachtung oder ein Gutachten zutreffend ist oder nicht (OLG München, Beschluss vom 31.03.2014, 10 W 32/14, Rz. 10, juris m.w.N.). Etwas anderes kann nur bei schwerwiegenden Verstößen eines Sachverständigen gegen zwingende gesetzliche Vorschriften gelten (OLG München a.a.O., Rz. 12, 22f., juris m.w.N.).


Zum Sachverhalt

Ein gerichtlicher Sachverständiger hatte bei seiner Gutachtenerstattung bestimmte Dokumente wie Wartungsunterlagen nicht einbezogen. Die ablehnende Partei unterstellte dem Sachverständigen diesbezüglich eine bewusste »Lüge« und rügte die Vorgehensweise des Sachverständigen bei der Vorbereitung seines schriftlichen Gutachtens. Die daraufhin beantragte Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit wurde vom Landgericht als nicht gerechtfertigt zurückgewiesen. Zur Begründung der Ablehnung des Befangenheitsantrags führte das Landgericht aus, dass es nicht Aufgabe eines Befangenheitsverfahrens sei, ein Gutachten inhaltlich zu prüfen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der beklagten Partei. Das OLG hat die sofortige Beschwerde kostenpflichtig zurückgewiesen.


Aus den Gründen

Das Verhalten des gerichtlichen Sachverständigen gibt keinen Anlass, an seiner Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Soweit die fachliche Eignung des Sachverständigen angezweifelt wird, vermag dies den Vorwurf der Befangenheit nicht zu begründen. Die fachliche Qualifikation des Sachverständigen ist ein Umstand, der beide Parteien in gleichem Maße betrifft. Die vom Beklagten angeführten Gesichtspunkte (insb. Nichtbeiziehung von Wartungsunterlagen, kein Termin zur Untersuchung der Anlage vor Ort, fehlerhafte Begutachtung im Hinblick auf Entsalzungspatronen) beziehen sich ausschließlich auf die Vorgehensweise sowie die inhaltliche Bewertung der Untersuchungen des Sachverständigen und seines Prüfungsergebnisses.

Es ist nicht Aufgabe des Befangenheitsverfahrens, ein Gutachten inhaltlich zu prüfen. Dies bleibt allein der Beurteilung des dort für die Sachentscheidung zuständigen Gerichts vorbehalten. Soweit der Beklagte eine Fehlerhaftigkeit der Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen durch Verweis auf ein Privatgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Q. vom 19.12.2023 rügt, wird sich das erkennende Landgericht hiermit ggf. im weiteren Verlauf des Rechtsstreits inhaltlich auseinandersetzen.

Soweit der Beklagte die aus seiner Sicht fehlerhaften Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen zum Anlass nimmt, hieraus auf eine bewusste »Lüge« zu seinen Lasten zu schließen, reicht auch dieser Ansatz nicht, um einen Befangenheitsvorwurf zu begründen. Selbst wenn die Feststellungen des Sachverständigen sich an einem Punkt als nicht haltbar herausstellen sollten, oder gar als grob fehlerhaft, würde dies keinen hinreichenden Anlass für die Besorgnis, dass die fehlerhafte Feststellung bewusst zu Lasten einer Partei getroffen worden ist, darstellen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.


OLG Köln, Beschluss vom 04.06.2024, Az. I-16 W 16/24, 16 W 16/24


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