Eine vom Auftraggeber vorformulierte Vertragsklausel, wonach ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5% der Bruttoabrechnungssumme für die Dauer einer Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und sechs Monaten durch eine Sicherheitsleistung gem. § 17 VOB/B abgelöst werden kann, benachteiligt den Auftragnehmer nicht unangemessen und ist wirksam.
OLG Köln, Urteil vom 4.1.2021 – 17 U 165/19
BGH, Beschluss vom 19.5.2021 – VII ZR 73/21 (NZB zurückgenommen)
Zum Sachverhalt
In demselben Verfahren vor dem OLG Köln, in dem die Parteien über Restwerklohn für Putzarbeiten zum Stundenlohn und für Gerüstkosten streiten – siehe vorgängige Kommentierung – sind die Parteien auch uneinig über die Wirksamkeit einer von der Beklagten als Auftraggeberin vorformulierten Vertragsklausel zum Sicherheitseinbehalt während der Gewährleistungsfrist, die über den gesetzlichen Zeitraum von fünf Jahren mit sechs weiteren Monaten hinausgeht.
Das Landgericht hat die entsprechende Vertragsklausel als wirksam beurteilt und demzufolge den deswegen von der Beklagten einbehaltenen Werklohn als derzeit nicht fällig angesehen. Auch dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt – im Ergebnis allerdings auch ohne Erfolg.
Aus den Gründen
Zutreffend ist das Landgericht ebenfalls davon ausgegangen, dass ein Betrag in Höhe von 5% der Bruttoabrechnungssumme (1.536,61 Euro) nach der vertraglichen Vereinbarung noch nicht fällig ist. Entgegen der erstmalig mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Auffassung der Klägerin ist die Vereinbarung eines 5%igen Sicherheitseinbehalts für die Dauer der Gewährleistungszeit von 5 Jahren und 6 Monaten im vorliegenden Fall nicht nach AGB-Recht unwirksam. Nach § 307 BGB ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
Letzteres ist der Fall, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Bei der Prüfung, ob eine vom Auftraggeber in einem Bauvertrag gestellte Klausel, mit der ein Sicherheitseinbehalt vereinbart wird, den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, sind nicht nur Höhe und Dauer des Einbehalts, sondern auch der Regelungszusammenhang, in dem die Klausel steht, zu berücksichtigen.
Das gilt insbesondere für die Art, wie der Einbehalt abgelöst werden kann. Sicherungseinbehalt und Ablösungsmöglichkeit sind untrennbar miteinander verknüpft, was eine einheitliche, die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsparteien berücksichtigende Gesamtbeurteilung des die Sicherungsvereinbarung betreffenden Regelungsgefüges gebietet. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die vorliegende Klausel, wonach ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5% der Bruttoabrechnungssumme für die Dauer einer Gewährleistungsfrist von 5 Jahren und 6 Monaten durch eine Sicherheitsleistung gemäß § 17 VOB/B abgelöst werden kann, nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass die in der Zinsbelastung und der Einschränkung der Kreditlinie liegenden Nachteile bei Bereitstellung einer Bürgschaft in Anbetracht der berechtigten Sicherungsinteressen des Auftraggebers nicht als so gewichtig erscheinen, dass ihretwegen die Unwirksamkeit der Klausel angenommen werden müsste. Dies gilt auch, soweit die Gewährleistungsfrist im vorliegenden Fall 5 Jahre und 6 Monate beträgt.
Auch die – formularvertraglich mögliche – Verlängerung der Verjährungsfrist an sich führt nicht zu einer den Geboten von Treu und Glauben widersprechenden Benachteiligung des Unternehmers, weil die bloße Verlängerung der Verjährungsfrist an der Qualifizierung des Mangels ebenso wenig ändert wie an der Beweislast des Auftraggebers, der nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B nachweisen muss, dass der Mangel auf Vertragswidrigkeit der Leistung des Unternehmers beruht.
Anmerkung
Grundsätzlich gilt, dass die Wirksamkeit von Sicherungsabreden, die der Auftraggeber in AGB vorformuliert, und die dann Bestandteil des Vertrags mit dem Auftragnehmer werden, von der Rechtsprechung regelmäßig sehr eingehend geprüft werden. Den äußerst hohen Anforderungen werden solche AGB selten gerecht.
Im vorliegenden Verfahren war genau das aber der Fall. Eine in AGB geregelte überschaubare Verlängerung der Gewährleistungsfrist kann als wirksam angesehen werden, wenn es hierfür ein beachtenswertes Bedürfnis gibt. Im Rahmen von Nachunternehmerverträgen liegt das vor, wenn der Hauptunternehmer, z.B. als Generalunternehmer, eine Abnahme von seinem Auftraggeber für die Gesamtbauleistung erst zu einem späteren Zeitpunkt erreichen kann, als der einzelne Nachunternehmer für sein Gewerk gegenüber dem Generalunternehmer als seinem Auftraggeber.
EMMP
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