Stolpersteine für den Bausachverständigen bei Mängeln im Schallschutz und Brandschutz. Welche technischen Standards sind einzuhalten?
Der Beitrag setzt sich mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Obergerichte zu schallschutz- und brandschutztechnischen Themen auseinander und wirft die Frage auf, ob aus rechtlicher Sicht unterschiedlichen Bauweisen in der Rechtsprechung Rechnung getragen wird.
1 Baustandards – verschiedene rechtliche Perspektiven
Aus rechtlicher Sicht lässt sich nicht ohne Weiteres beantworten, welche technischen Standards zur Herstellung eines mangelfreien Werks einzuhalten sind. Maßgeblich ist hier zunächst einmal, aus welcher rechtlichen Perspektive die Frage nach einzuhaltenden Standards gestellt wird.
Das Zivilrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen. Zielrichtung des Bauordnungsrechts ist es hingegen, dass bauliche Anlagen so errichtet, erhalten oder geändert werden, dass von selbigen weder Gefahren für die öffentliche Sicherheit noch für die öffentliche Ordnung ausgehen, insbesondere Leben und Gesundheit, und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden. In gewisser Weise werden damit im Bauordnungsrecht Mindeststandards normiert, die in jedem Falle einzuhalten sind.
Dass dies insbesondere für den Bereich des Brandschutzes gilt, dürfte auf der Hand liegen. Ebenso enthalten aber die jeweiligen Landesbauordnungen über die Einbeziehung der Technischen Baubestimmungen Regelungen, die wiederum Mindestvorgaben an den Schallschutz stellen.
Eine technische Regel (zum Beispiel eine Norm oder eine Richtlinie) ist bauordnungsrechtlich und damit aus öffentlich-rechtlicher Sicht verbindlich, wenn sie als Technische Baubestimmung eingeführt ist. Es werden jedoch nur die Regeln als Technische Baubestimmungen eingeführt, die notwendig sind, um die Grundsatzanforderungen des Bauordnungsrechts zu erfüllen.
2 Bauordnungsrecht
2.1 Schallschutzstandards
In öffentlich-rechtlicher Hinsicht wird dementsprechend der einzuhaltende Mindeststandard festgelegt, der sich selbstverständlich nicht mit den Standards decken muss (und in den seltensten Fällen deckt), die zwischen einem Werkunternehmer und dem Besteller einer Werkleistung vereinbart sind. Jedenfalls gilt aber auch ohne getroffene Vereinbarung zwischen dem Werkunternehmer und dem Besteller der bauordnungsrechtliche Mindeststandard als vereinbart. Dies deshalb, da der Bauherr stets erwarten kann, dass das Gebäude den bauordnungsrechtlichen Anforderungen genügt.
Die DIN 4109-1 [1] definiert hierfür die maßgeblichen bauakustischen Werte für Mehrfamilienhäuser, Bürogebäude, gemischt genutzte Gebäude, Reihen- und Doppelhäuser, Hotels und Beherbergungsstätten, Krankenhäuser und Sanatorien sowie Schulen und vergleichbare Einrichtungen. In der DIN 4109-1 heißt es jedenfalls wie folgt: »Unter Zugrundelegung eines Geräuschpegels von LAF,eq = 25 dB werden für schutzbedürftige Räume in z.B. Wohnungen, Wohnheimen, Hotels und Krankenhäuser folgende Schutzziele erreicht: Gesundheitsschutz, Vertraulichkeit bei normaler Sprechweise, Schutz vor unzumutbaren Belästigungen. Es kann nicht erwartet werden, dass Geräusche von außen oder aus benachbarten Räumen nicht mehr bzw. als nicht belästigend wahrgenommen werden, auch wenn die in dieser Norm festgelegten Anforderungen erfüllt werden.«
Neben diesen klar definierten Gebäudetypen muss für alle Arten von Gebäuden, die für den Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, der Schutz gegen Außenlärm sichergestellt werden, wobei in DIN 4109-1 dem Schutz gegen Außenlärm ein eigener Abschnitt gewidmet ist. Mit Blick auf den Geschosswohnungsbau werden dort in Tabelle 1 die Mindestwerte für die wichtigsten Bauteile im Wohnungsbau dargestellt. Neubauten mit Holzdeckenkonstruktionen nach DIN 4109-33 [2] haben einen geringeren Mindestanforderungswert an den Trittschall zu erfüllen, sodass es sich hier um bauordnungsrechtlich abgesenkte Anforderungen handelt.
2.2 Brandschutzstandards
In den Landesbauordnungen der Bundesländer sind in bauordnungsrechtlicher Hinsicht die Anforderungen an den Feuerwiderstand von Bauteilen festgelegt. Gleiches gilt für die Anforderungen des verwendeten Baustoffs. Im Wesentlichen galt und gilt dies in bauordnungsrechtlicher Hinsicht unterschiedslos für die jeweils vorgesehene Bauweise.
Dies hat zur Konsequenz, dass die Anforderungen auch für Holzbauteile verbindlich sind. Je nach der in Rede stehenden Gebäudeklasse und den damit in brandschutztechnischer Hinsicht verbundenen Anforderungen wird die Verwendung von Holz für bspw. feuerbeständige Bauteile bisher von einigen Landesbauordnungen ausgeschlossen. Denn Bauteile, die im Sinne einer F-90-Feuerwiderstandsfähigkeit feuerbeständig sein müssen, sind bislang der weiteren Anforderung unterworfen, zusätzlich in den wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen zu bestehen.
Vergleichbares gilt auch für hochfeuerhemmende Bauteile. Bereits 2004 wurde die Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile und Außenwandbekleidungen in Holzbauweise eingeführt, wobei selbige nun grundlegend erneuert wurde. Sie heißt nun Musterholzbaurichtlinie (MHolz-BauRL) [3] und regelt die brandschutztechnischen Anforderungen. Durch diese Neuerungen ergeben sich neue Möglichkeiten für den mehrgeschossigen Holzbau, sowohl für die Holzrahmen- und Holztafelbauweise, aber vor allem auch für die Holzmassivbauweise sowie für Holz-Hybridbauweisen.
Im Wesentlichen enthält die MHolzBauRL folgende Änderungen für konkretisierende Regelungen zu Konstruktionen aus brennbaren Baustoffen in Gebäuden der Gebäudeklassen 4 und 5:
- Beibehalten und erleichtert werden die bisher schon bekannten Regelungen über Bauteile mit brennbarem Ständerwerk und allseitiger Brandschutzbekleidung bei Gebäuden der Gebäudeklasse 4. Die Bauteile müssen nicht vollständig vorgefertigt sein, sondern können als Bauart entsprechend den Vorgaben der Richtlinie auf der Baustelle zusammengesetzt werden.
- Neu geregelt wird die Errichtung hohlraumfreier Bauteile aus brennbaren Baustoffen (Massivholz) ohne vollständige Brandschutzbekleidung bei Gebäuden der Gebäudeklassen 4 und 5. Sie müssen auf die erforderliche Feuerwiderstandsfähigkeit hin bemessen werden.
- Neu geregelt wird ferner die Errichtung von Außenwandbekleidungen aus normalentflammbaren Baustoffen bei Gebäuden der Gebäudeklassen 4 und 5. Zur Verhinderung der Brandausbreitung müssen in bestimmten Abständen Brandsperren angeordnet werden.
Es ist beabsichtigt, diese Muster-Holzbaurichtlinie als Technische Baubestimmung bekannt zu machen, wobei das hierfür erforderliche Notifizierungsverfahren zurzeit noch nicht abgeschlossen ist. In einzelnen Ländern ist gleichwohl bereits jetzt schon der Weg für die Anwendung der MHolzBauRL – wie beispielsweise im Freistaat Bayern – geebnet. Dort enthalten die Vollzugshinweise zur neuen Bayerischen Bauordnung den Hinweis, dass trotz des aktuell noch nicht abgeschlossenen Notifizierungsverfahrens keine Bedenken dagegen bestehen, die Anwendung der MHolzBauRL im Rahmen der Entscheidung über eine Abweichung nach den landesrechtlichen Vorschriften zuzulassen.
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