BauSV 5/2023


Gebäudetechnik

PV-Anlagen auf Industriedächern
Abb. 3: Lichtbogenschaden an einem Modul [Quelle: VGH]

Lutz Erbe


PV-Anlagen auf Industriedächern


Seit der Einführung einer für 20 Jahre festgelegten Einspeisevergütung durch das EEG im Jahr 2001 werden im großen Umfang PV-Anlagen auf Dächern installiert. Zunächst waren dies Kleinanlagen auf Einfamilienhäusern, aber seit ca. 15 Jahren auch verstärkt Anlagen auf Gebäuden der Landwirtschaft, Gewerbe und später Industriegebäuden.

Heute wird die Installation von PV-Anlagen auf gewerblich genutzten Gebäuden in den Bauordnungen gefordert, und getrieben durch die massiven Preissteigerungen importierter fossiler Energieträger, verstärken Betreiber von Industrie- und Gewerbebetrieben die Bemühungen, vorhandene Dachflächen zur Aufstellung von PV-Anlagen zu nutzen. Nach ersten größeren Brandereignissen kommt es nun immer häufiger zu kontroversen Diskussionen zwischen Gebäudeeigentümern, Planern und Versicherern über brandschutztechnische Bewertungen und mögliche Risikoerhöhungen.

Ü20-Anlagen

Viele PV-Anlagen auf Industrie- und Gewerbedächern erreichen in den nächsten Jahren das Ende der festgelegten Förderung und werden oftmals als sogenannte Ü20-Anlagen weiterbetrieben. Aus der Sicht von Sachverständigen und Sachversicherungen birgt dies neue Brandgefahren durch Verschleiß und Bauteilausfall. Bei gewerblich genutzten Gebäuden entsteht ein höherer Aufwand zur Risikoprüfung. Hierbei ergeben sich folgende Problempunkte:

  • Verschleißbedingte Mängel liegen vor.
  • Die Abgrenzung der alterungsbedingten Defekte gegenüber den äußeren Einflüssen ist nur teilweise möglich.
  • Ertragsverluste durch Degradation sind nicht kalkulierbar.
  • Ersatzteile sind nicht mehr verfügbar, ggf. sind Umbauten erforderlich.
  • Umbauten und Erweiterungen von Altanlagen (z.B. die Erweiterung um einen Batteriespeicher) sind technisch anspruchsvoller und damit fehleranfälliger als die Erstellung einer Neuanlage.
  • Es bestehen Haftungsrisiken für den Elektrofachbetrieb.


Brandgefahren durch PV-Anlagen

Aus brandschutztechnischer Sicht ist festzustellen, dass eine PV-Anlage im Fehlerfall (wie jede andere elektrische Anlage auch) eine Zündquelle für brennbare Materialien darstellt. Die Schadenserfahrungen der Sachversicherer zeigen, dass dieses Risiko durch mangelhafte Installationen und fehlerhafte Produkte nicht zu vernachlässigen ist und bei der brandschutztechnischen Bewertung eines Industriegebäudes berücksichtigt werden muss.

Die Ergebnisse der Begutachtung von PV-Installationen der letzten 15 bis 20 Jahre zeigen, dass die Qualität der Materialien und Betriebsmittel sowie die Ausführung der Installationen stetig verbessert wurden. Die Wirkungsgrade der Wechselrichter und Module wurden gesteigert, sowie Prüf- und Installationsnormen den neuen technischen Entwicklungen angepasst.

In diesem Zusammenhang ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass selbst wenn eine normenkonforme Planung, Installation und Abnahme erfolgt, immer ein Restrisiko der Brandentzündung durch die PV-Anlage besteht. Beispielhaft können hier als Zündquellen das Versagen von Steckverbindern, Modulen oder elektronischen Komponenten sowie die mechanischen Beeinträchtigungen von Kabeln und Leitungen genannt werden.

Jeder dieser Fehler kann einen Lichtbogen zur Folge haben und brennbare Materialien auf dem Dach oder die Dachkonstruktion selbst entzünden. Eine baurechtlich geforderte Anforderung an eine »harte Bedachung« berücksichtigt den Gleichstromlichtbogen nicht. Weiterhin ist zu beachten, dass die Module mit deren Rückseitenfolien und Modulanschlussdosen selbst eine Brandlast darstellen.


Urteil OLG Oldenburg vom 23.09.2019 – 13 U 20/17

Nach einem durch die PV-Anlage ausgelösten Brand eines Elektronikmarkts in Wittmund wurde der Errichter der PV-Anlage für den Schaden in die Haftung genommen. Folgende Feststellung wurde im Urteil getroffen:

»Eine Dach-Photovoltaikanlage muss so installiert werden, dass eine sichere Trennung zwischen den elektrischen Komponenten als Zündquellen und der Dachoberfläche als Brandlast gewährleistet ist. Andernfalls muss die Montage unterbleiben. […]

Die Nichtbeachtung der einschlägigen anerkannten Regeln der Technik ist kein Fall leichter Fahrlässigkeit.«

Damit wäre nun die Installation von PV-Anlagen auf typischen Dachaufbauten in Industrie und Gewerbeobjekten ausgeschlossen. Bei näherer Beschäftigung mit dem Urteil und dem zugrundeliegenden Sachverständigengutachten fällt allerdings auf, dass eine VDE-Norm herangezogen wurde, die einen gravierenden Übersetzungsfehler enthielt. Dieser wurde 03/2022 korrigiert.


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