Abb. 1: Verschlossene, nicht dicht schließende Kellertür, Schimmelschäden im KG, Geruchsauffälligkeiten im Treppenhaus

Pia Haun


Nutzungsklassen nach UBA

Neuer Lösungsweg oder neue Probleme?


Anlass

In der Vergangenheit wurden bei der Sanierung von Schimmelschäden Empfehlungen der vorherigen Schimmelleitfäden häufig undifferenziert auf unterschiedlich genutzte Innenräume angewendet. Im Schimmelleitfaden 2017 [1] werden erstmals Nutzungsklassen (= Raumklassen) eingeführt. Je nach Nutzungsklasse (NK) werden unterschiedliche Anforderungen bei der Bewertung und vor allem auch bei der Sanierung von Schimmelbefall empfohlen.

Die Einstufung mikrobiell belasteter Bereiche erfolgt anhand von Anforderungen an die Innenraumhygiene. Hintergrund der Nutzungsklassen ist der Ansatz, dass Schimmelbelastungen in Innenräumen und Gebäudeteilen, in denen man sich dauerhaft oder nicht nur vorübergehend aufhält, für die Raumnutzer ein höheres gesundheitliches Risiko darstellen. Ob die Zuordnung von Räumen oder Schadensbereichen so einfach ist, wie es auf den ersten Blick erscheint, oder ob sich neue Problemfelder ergeben, ist Gegenstand dieses Artikels. 


Einführung in den Themenbereich »Nutzungsklassen«

Laut Schimmelleitfaden, Kapitel 6.1 ist »maßgeblich für die Zuordnung von Räumen zu den Nutzungsklassen […] dabei neben Art und Dauer der Nutzung, die Tatsache, ob die Räume innerhalb der Wohnung (oder des Büros) liegen oder außerhalb davon«. In [1] werden insgesamt vier Nutzungsklassen unterschieden, wobei die NK I ausdrücklich nicht thematisiert wird.

Mit steigender Nutzungsklassenzahl fallen die Anforderungen an die Innenraumhygiene von normal auf reduziert bis deutlich reduziert. Die Zuordnung hat Auswirkungen auf Empfehlungen bei der Sanierung im Hinblick auf Sofortmaßnahmen, Erfassung des Schadensausmaßes, Beseitigung der Ursachen, Rückbau bis hin zu Reinigungsarbeiten und Kontrolle der ausgeführten Arbeiten.


Intention der Nutzungsklassen

Schimmelschäden in Innenräumen haben in der Vergangenheit bei den Beteiligten häufig zu Hysterie oder Untätigkeit geführt. Um die Diskussion hinsichtlich der Vorgehensweise zu versachlichen, wurden u.a. Nutzungsklassen eingeführt. Die Nutzungsklassen sollen den Beteiligten (Gebäudenutzern, Gebäudeeigentümern, Sachverständigen, Versicherern, Arbeitgebern, Behörden etc.) Empfehlungen geben, wie Schimmelschäden zu bewerten sind und welche Maßnahmen hieraus resultieren.

Die in [1] aufgeführten Maßnahmen im Schadensfall gelten generell für die Nutzungsklasse II. Ob ein Schadensbereich von der NK II in eine höhere NK gestuft werden kann, ist im Einzelfall zu prüfen.

Die Einstufung in eine höhere NK hat folgende Ziele:

  • Reduzierung der Anforderungen hinsichtlich
    • Innenraumhygiene
    • Dringlichkeit
    • Sofortmaßnahmen
    • Erfassung des Schadensausmaßes
    • Sanierungsmaßnahmen
  • Vermeidung baulich weitgehender Eingriffe
  • Vermeidung des logistischen Aufwandes und damit
  • Vermeidung finanzieller Maßnahmen

Dabei wird vorausgesetzt, dass Schäden aus der NK III und NK IV keinen Einfluss auf die Innenraumhygiene von Räumen der NK II haben.


Nutzungsklassen in der Praxis: Zuordnung, Konsequenzen, Problematik

Leider finden sich in [1] weder Angaben dazu, welche Arten der Nutzung unterschieden werden, noch welchen Zeitrahmen »nicht vorübergehend« oder »gelegentlich« umfasst. Ungeklärt ist auch, wer festlegt, wie ein Raum wie lange genutzt wird und was der Begriff »Nutzung« beinhaltet: Wird ein Raum nur dann genutzt, wenn sich eine Person darin aufhält, oder wird er bereits genutzt, wenn dort Inventar gelagert wird?

Des Weiteren fehlt eine Abgrenzung der im Kapitel 6 [1] verwendeten Begriffe »Nutzungsräume«, »Nebenräume« oder »Lager«. Hierauf sollte bei einer Überarbeitung des Leitfadens eingegangen werden.

Auf den ersten Blick scheint die Zuordnung von Schadensbereichen in NK relativ einfach anzuwenden zu sein. Eine falsche Zuordnung kann jedoch weitreichende Folgen hinsichtlich der Bewertung des Schimmelschadens und der daraus resultierenden Maßnahmen haben. Damit verbundene rechtliche Konsequenzen sind nicht Gegenstand dieses Artikels. Grundsätzlich sollten Sachverständige nicht nur den Inhalt der Tabelle anwenden, sondern auch die im Text aufgeführten Erläuterungen beachten.

Positiv zu bewerten ist, dass bei Schimmelschäden in Nebenräumen innerhalb einer Wohnung, eines Büros etc. die gleichen Anforderungen an die Innenraumhygiene gelten wie an die übrigen Räume. Hintergrund ist, dass »nicht ausgeschlossen werden kann, dass Schimmelbestandteile aus diesen Nebenräumen in die anderen Räume der Wohnung gelangen können«.

Nicht nachvollziehbar ist jedoch, dass Schimmelschäden in Treppenhäusern von Mehrfamilien-Wohnhäusern, die ebenfalls nur durch eine Tür von Räumen der NK II getrennt sind, der NK III zugeordnet werden. Auch in diesem Fall kann es zu Verdriftungen von mikrobiellen Bestandteilen in Räume der NK II kommen.

Auch hinsichtlich der Zuordnung gemäß [1] von nicht ausgebauten Dachräumen in die NK III, über die Kriterien der Erreichbarkeit »über eine Dachluke oder eine verschließbare Tür vom Treppenhaus außerhalb der Wohnung aus«, können von sachverständiger Seite nicht nachvollzogen werden. Nicht die Verschließbarkeit, sondern die Dichtheit ist doch ein erforderliches Kriterium für den Schutz vor mikrobiellen Einträgen!

Ebenso ist aus technischer Sicht nicht nachvollziehbar, warum geeignete Türen nur im Dachraum, jedoch nicht bei Schadensfällen in Kellerräumen oder hinsichtlich Wohnungstüren in MFWH gefordert werden.


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