BauSV 5/2024


Bauschäden

Abb. 10: Korrosionsschäden an einem 1-fach beschichteten Bauteil mit zu geringen Schichtdicken auf den Kantenbereichen (Streckmetall-Balkonverkleidungen nach 1,5 Jahren im Außeneinsatz im Zentrum von München)

Thomas Herrmann


Lassen sich Korrosionsschäden an beschichteten Bauprojekten vermeiden?


1 Einleitung

Der Autor, von der Ingenieurkammer Sachsen öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, beschäftigt sich mit der Aufklärung von vielfältigen Schadensfällen auf dem Gebiet des passiven Korrosionsschutzes, insbesondere durch organische Beschichtungen mittels Pulver- und Nasslacken auf verschiedenartigen Metallen. Das Hauptproblem dabei besteht vor allem darin, die jeweiligen Ursachen für das Auftreten von Korrosionsschäden klar zuzuordnen und objektiv darzustellen, insbesondere bei Gerichtsgutachten.

Nach über 20 Jahren Gutachtertätigkeit auf dem Gebiet des Korrosionsschutzes sowie der Pulver- und Nasslackbeschichtung lassen sich nachfolgend zusammengefasste, prinzipielle Ursachen von mehr als 1.150 verschiedenen, im Gutachterlabor Dresden bearbeiteten Schadensfällen darstellen. Mit unterschiedlichsten Prüfungen vor Ort sowie ausgewählten labortechnischen Mess- und Analyseverfahren wurden objektiv ermittelte Schadensursachen in neun verschiedene Problemgruppen ihrer Ursachenzuordnung eingeteilt, die bezogen auf einzelne Bereiche der Beschichtungstechnologie sehr häufig wiederkehrend auftreten.

Entsprechende Praxisbeispiele werden nachfolgend anschaulich diskutiert und auch hinsichtlich der analysierten Schäden sowie Reklamationen gutachterlich verallgemeinert.

Oftmals lassen sich Beschichtungsfehler in Verbindung mit Korrosionsschutzversagen schon frühzeitig am lackierten Substratwerkstoff erkennen und sind auch hinsichtlich fehlender konkreter Auftragsvorgaben, wie z.B. der zu erwartenden Korrosionsbeanspruchungen (Industrie- oder Maritim-Atmosphäre, Wärme-, Temperatur-, UV- oder Chemikalienbeständigkeit) häufig kritisch einzuschätzen.

Hinzu kommen noch vielfältige dekorative Wunschvorstellungen seitens der Bauherren bezüglich der Beschichtungstopografie, insbesondere zum Oberflächenverlauf des Lackfilms, der Farbe und des Glanzes, spezielle Metallic- oder auch Perl-Effekt-Beschichtungen, die sich häufig als problematisch bei der Umsetzung darstellen.

Weitere Schadensursachen resultieren aus schwer umsetzbaren Designvorstellungen von Architekten- und Bauplanungsbüros hinsichtlich Konstruktion, Farbe, Materialeinsatz und Oberflächeneffekten, die sich bei bestimmten Gebrauchsanforderungen häufig nicht ohne Probleme realisieren lassen und zum frühzeitigen Versagen der Beschichtung führen können.

Nur durch ein enges Zusammenwirken zwischen Architekten, Baubetrieben, Metallverarbeitern, Beschichtungsbetrieben für Pulver-/Nasslack und deren Herstellern sind diese Schadenspotenziale schon bei der Konstruktion sowie Projektierung, respektive Werkstoffauswahl, häufig zu erkennen und durch angepasste Ausführungsmaßnahmen entsprechend zu vermeiden.

In diesem Prozess spielt auch die Gutachtertätigkeit hinsichtlich der fundierten fachlichen Beratung der am Bauvorhaben beteiligten Parteien eine wesentliche Rolle. Leider wird dies häufig unterschätzt und somit sind Streitfälle zu notwendigen Qualitätsanforderungen sowie deren Bewertung und technologischer Einordnung immer wieder an der Tagesordnung. Dabei sollte nicht nur auf Regelwerke bestimmter Fachverbände, Vorschriften von Qualitätsgemeinschaften wie GSB, QUALICOAT und QIB sowie geltende nationale oder internationale Standards zurückgegriffen werden, sondern auch auf abgeleitete Praxiserfahrungen aus früher aufgetretenen Schadensfällen.

Nachfolgend werden nicht alle möglichen Ursachengruppen voll umfänglich betrachtet, sondern nur ausgewählte Probleme behandelt, wie sie sich in der Baubranche häufig als besonders kritisch erweisen.

Spezielle Schadensursachen, die vorrangig den eigentlichen Beschichtungsprozess betreffen, wie z.B.

  • die angewendete Qualität des verwendeten Pulver- und Nasslackes,
  • die Verarbeitungsbedingungen mit den möglichen auftretenden Fehlerbildern sowie
  • die schwer umsetzbaren optischen Anforderungen seitens sensibler Kundenanforderungen, z.B. ausgehend von einer bestellten Industriebeschichtung unter Werkstatt- bzw. Baustellenbedingungen,

werden nachfolgend beispielhaft behandelt.

Im Gutachterlabor Dresden wurde versucht, die mit unterschiedlichsten Mess- und Analyseverfahren objektiv ermittelten Schadensursachen in verschiedene Problemgruppen, bezogen auf die einzelnen Bereiche der Beschichtungstechnologie, der dazugehörigen Vertragsgestaltungen hinsichtlich Bauplanung (Architekten) und Ausführungsgestaltung (Metallbau, Feuerverzinkung, Galvanisierung und Pulver- oder Nasslackbeschichter), einzuordnen. Diese werden verallgemeinerungsfähig und ohne Benennung der konkreten Schadensorte bzw. streitenden Parteien sowie der betreffenden Fertigungsbetriebe nachfolgend diskutiert.

Für ca. 6% der analysierten Schadensfälle (ca. 80 Gutachten) ist dem Autor diese Zuordnung nicht gelungen, da es sich teilweise um ganz spezielle Schadensbilder handelte, die nicht immer wiederkehrend waren. Mehrfach gering auftretende Ursachen wurden daher auch in der Rubrik 9 mit »sonstige Fehlerursachen« katalogisiert.


2 Planungs-/Ausschreibungsfehler (9% der Schadensursachen)

Beschichtungsschäden basierend auf Korrosionsschutzmängel treten dann auf, wenn bezogen auf den Einsatzort des Bauvorhabens bzw. spezieller Fertigungserzeugnisse keine konkreten Angaben der zu erwartenden Korrosionsschutzbeanspruchung seitens Kundenvorgaben getätigt wurden. Bestimmte Ausschreibungstexte für Leistungsverzeichnisse bzw. auch Angebote von Metallbaufirmen sprechen lapidar nur von einer Pulver- oder Nasslackbeschichtung, gegebenenfalls noch von einem Wunschfarbton und evtl. auch von einer Werkstoffauswahl.

Wichtige Qualitätsvorgaben für eine nasschemische Oberflächenvorbehandlung oder eine mechanische Oberflächenvorbereitung mittels Strahlverfahren des Beschichtungssystems, seinen Lackfilmaufbau und notwendig einzuhaltende Mindestschichtdicken sowie die erforderlichen Korrosionsschutzanforderungen bezogen auf den Standort bzw. spezielle Gebrauchsbedingungen bleiben dabei häufig außer Acht (vgl. Abb. 1 und Abb. 2). Daraus ergeben sich später in der Praxis vielfältige Qualitätsprobleme, die meist Gegenstand von Kundenreklamationen und Gerichtsstreitigkeiten werden.

Gerade Architekten und/oder Planungsbüros im Auftrag von Bauherren sowie industrielle Fertigungsbereiche sollten sich daher verstärkt mit den für sie zutreffenden Verbandsrichtlinien und aktuellen Standards sowie Industrienormen beschäftigen und somit entsprechende Qualitätsvorgaben gegenüber dem Metallbauer und Beschichter ableiten. Letztere müssen dann entscheiden, wie sie diese in ihrer Produktion geeignet umsetzen können.


Den ganzen Beitrag können Sie in der Oktober-Ausgabe von »Bausachverständige« lesen.
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