BauSV 4/2024


Top-Thema


Johannes Jochem


Keine Sowieso-Kosten je nach Planungsverantwortung?


Einleitung: Welche Kosten sind »sowieso«?

Sachverständigen wird häufig die Aufgabe zugeteilt, die Kosten einer Baumangelbeseitigung zu ermitteln. In diesem Rahmen stellt sich regelmäßig die Frage von sogenannten Sowieso-Kosten bzw. Ohnehin-Kosten. Dies sind Kosten, die für Bauteile oder Baumaßnahmen »sowieso« hätten aufgewandt werden müssen, wenn man es gleich zu Beginn, bei Errichtung des Werks im Rahmen der Erfüllungsphase (vor Abnahme) fehlerfrei, also technisch richtig, gemacht hätte. Die Kostenermittlung hierzu erfolgt auf die Gewerke bezogen, bauteilbezogen, also technisch-sachlich.

Bei einer rein technischen Betrachtung gibt es zunächst keine »Sowieso-Kosten«, weil dieser Aspekt erst bei einer personellen Zuordnung relevant wird. Denn erst die Überlegung, ob und wie bei erstmaliger Herstellung der Besteller einen (nachtragsweisen) höheren Werklohn hätte zahlen müssen, gibt den Betrag der Sowieso-Kosten wieder. Kurz gesagt: Nur ein berechtigter Nachtrag kann bewirken, dass Kosten für unplanmäßige Arbeitsleistung oder Materialien »sowieso« zu bezahlen gewesen wären.

Bei einer späteren Schadensberechnung sind Sowieso-Kosten daher vom Schaden des Bestellers abzuziehen, wenn sie schon bei rechtzeitiger Ausführung angefallen wären. Dies bedeutet auch, dass diejenigen Mehrkosten, die nur wegen des späteren Zeitpunkts der Leistung der Sanierung anfallen, wie z.B. Vor- und Nacharbeiten, in der Regel keine Sowieso-Kosten sind.

Welche Leistung als berechtigter Nachtrag zu bezahlen gewesen wäre und welche Leistung nach der seit 2018 geltenden Vorschrift des § 650c Abs. 1 Satz 2 BGB vom Unternehmer ausgeführt werden muss, ohne dass ein (Vergütungs-)Anspruch für vermehrten Aufwand besteht, hängt davon ab, ob die Leistungspflicht des Unternehmers auch die Planungsverantwortung umfasst.


Teil 1: Die Planungsverantwortung liegt in der Regel (aber nicht immer) beim Auftraggeber!

Der Begriff »Planungsverantwortung« macht klar, dass es eine am Bau beteiligte Person gibt, die die Verantwortung für eine funktionierende Planung trägt. Unabhängig von der Anzahl der am Bau Beteiligten gibt es in einem Vertragsverhältnis indes immer nur zwei (2!) Vertragsteile. Beim konventionellen Bauen erfolgt die Planung nicht nur in öffentlich-rechtlicher Sicht zum Erreichen einer Baugenehmigung, sondern auch in technischer Hinsicht zur Erstellung von detaillierten Ausführungsplänen und Leistungsverzeichnissen mit konkreten Einzelpositionen durch den Bauherrn bzw. Besteller / Auftraggeber, der sich hierzu der Mithilfe eines Architekten oder Ingenieurs bedient.

In einem solchen Fall liegt im Bauvertrag des Bauherrn mit seiner Baufirma die Planungsverantwortung regelmäßig beim Bauherrn. Im Nachunternehmervertrag dieser Baufirma mit einem Handwerker obliegt die Planungsverantwortung für das Funktionieren der Planung dann der Baufirma als Besteller des Nachunternehmerauftrags. Manchmal regelt der Bauvertrag indes die Übertragung der Planungsverantwortung auf den Bauunternehmer, und zwar mal mehr, mal weniger intensiv oder ausdrücklich.

Zum Beispiel ist der bauausführenden Firma häufig die Aufmaßverantwortung für die genauen Maße von Fenstern und Türen zum passgenauen Einbau in den Rohbaukörper übertragen. Dies ist sozusagen eine »Detailplanungsverantwortung«, bei der das Risiko des Unternehmers, gemäß § 650c Abs. 1 Satz 2 BGB für vermehrten (Bau-)Aufwand keine Vergütung zu erhalten, vergleichsweise gering ist.

Gelegentlich werden die Bauaufgabe oder große Teile der Bauaufgabe nicht technisch detailliert beschrieben, sondern nur funktional. Auch in diesen Fällen ist der Auftragnehmer dafür verantwortlich, die einzelnen Leistungen und deren Wechselwirkungen im Zusammenspiel so zu planen, dass technisch ein funktionierendes Ergebnis erfolgt, und das Risiko, dass ihm selbst dabei Planungsfehler unterlaufen, ist größer.


Prüf- und Hinweispflicht

Die Frage, was ein funktionierendes Ergebnis bedeutet, kann anhand der in der Baubranche allseits bekannten sogenannten »Prüf- und Hinweispflicht« bzw. »Bedenkenanmeldung« erläutert werden. Denn selbst wenn im Vertragsverhältnis die Planungsverantwortung beim Besteller / Auftraggeber liegt, kann sich der Unternehmer / Auftragnehmer dennoch nicht ohne Wenn und Aber auf die beschriebene Arbeitsweise zu seinem Bauauftrag verlassen.

Denn im Rahmen der Prüf- und Hinweispflicht muss er beim Auftraggeber anmelden, wenn er Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung hat (vgl. § 4 Abs. 3 VOB/B). Sind die Bedenken richtig, so besteht regelmäßig eine Behinderung in der Ausführung (vgl. § 6 VOB/B), bis der die Planungsverantwortung tragende Auftraggeber eine funktionierende Planung bereitstellt. Die nachgebesserte bzw. neue Planung kann womöglich Grundlage für einen Vergütungsnachtrag sein (vgl. § 1 Abs. 4 VOB/B und § 2 Abs. 6 VOB/B).


Funktionaler Mangelbegriff

Fällt dem Auftragnehmer ein Planungsfehler des Auftraggebers bzw. dessen Architekten oder Ingenieurs nicht auf, sodass sich die Untauglichkeit erst dann herausstellt, wenn das Bauwerk fertiggestellt und abgenommen ist, so liegt letztlich ein Baumangel vor. Der sogenannte funktionale Mangel liegt auch dann vor, wenn das Leistungsverzeichnis ohne »Ausführungsfehler« eins zu eins abgearbeitet wurde. Dies hat der Bundesgerichtshof schon in seiner Entscheidung »Forsthausfall« bzw. »Blockheizkraftwerk« entschieden.


Den ganzen Beitrag können Sie in der August-Ausgabe von »Bausachverständige« lesen.
Informationen zur Abo-Bestellung

Diesen Beitrag finden Sie auch zum Download im Heftarchiv.

 

NEWSLETTER

Der BauSV-Newsletter bietet Ihnen alle zwei Monate kostenlos aktuelle und kompetente Informationen aus der Bausachverständigenbranche.

zur Newsletter-Anmeldung

Zurück zum Seitenanfang