BauSV 4/2022


Top-Thema


Hans Ganten


»Eigentumsverletzung« oder »Werkmangel«?

Verjährungsdissens zwischen dem VI. und VII. Zivilsenat des BGH


Anmerkungen zur neuen Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des BGH (VI ZR 21/20) vom 23.2.2021 im Widerspruch zu früheren Entscheidungen des VII. Zivilsenats.


1. Bedeutung der Fragestellung

In zentralen Schuldverhältnissen des BGB ist es eher Regel als Ausnahme, dass Schadensersatzansprüche aufgrund von Pflichtverletzungen einer Vertragspartei sowohl auf vertraglicher als auch auf deliktischer Grundlage beruhen können, etwa

  • im Mietrecht bestehen Ersatzansprüche des Mieters gem. § 536a BGB und des Vermieters gem. § 548 BGB, wenn die Mietsache mangelhaft ist (§§ 536, 536a BGB), beschädigt wird (§ 548 BGB) oder daraus der einen oder anderen Vertragsseite Nachteile entstehen, die sich gleichzeitig als Verletzung absoluter Rechtsgüter (§ 823 Abs. 1 BGB) darstellen können;
  • im Kaufrecht ergeben sich Mängel aus fehlerhaften Leistungen und führen zunächst zu vertraglichen Ansprüchen aus §§ 280 f., 437 BGB, gleichzeitig aber zu Eigentumsverletzungen, die auf deliktische Grundlagen verweisen;
  • im Werkvertragsrecht können Mängel bzw. Schäden hergestellter Sachen zu Begleit- und / oder Folgebeeinträchtigungen führen, die ebenfalls Ansprüche sowohl aus Vertrag (§ 634 BGB) als auch aus Delikt (§ 823 BGB) begründen können.

Das Konkurrenzverhältnis der erwähnten Anspruchsgrundlagen (Vertrag / Delikt) des Geschädigten gegen den Schädiger bzw. Vertragspartner wird in Rechtsprechung und Schrifttum bei den genannten Vertragsformen unterschiedlich bewertet.


2. Streitpositionen in den verschiedenen Schuldverhältnissen

a) Mietrecht

Im Mietrecht dominiert nach herrschender Lehre das Vertragsregime. Soweit Ansprüche des Vermieters gegenüber dem Mieter ihren Grund in der Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache haben, gilt für den Vermieter generell die kurze (sechsmonatige) Verjährung ab Rückgabe der Mietsache, § 548 Abs. 1 BGB.

Dagegen verjähren Ansprüche des Mieters gem. § 536a BGB in der Regelfrist der §§ 195, 199 BGB, jedoch unter Beachtung der Sonderregel des § 548 Abs. 2 BGB. Für Deliktsansprüche des Mieters gegen den Vermieter gelten aber die Regeln des allgemeinen Rechtes, also § 199 Abs. 2, 3 BGB.

Zweck des § 548 Abs. 1 BGB ist der auch sozialpolitisch motivierte Schutz des Mieters vor Folgestreitigkeiten nach Beendigung des Mietverhältnisses. Diese Norm erfasst auch deliktische Ansprüche.

Regelungsgrund des § 536a BGB ist (umgekehrt) der Erhalt der Mieteransprüche bei schuldhafter Pflichtverletzung des Vermieters, und zwar auch über die Beendigung des Mietverhältnisses hinaus. Sozialpolitische Erwägungen waren hier nicht angezeigt.


b) Kaufrecht

Im Kaufrecht besteht über die Rechtsfolgen bei Ansprüchen des Käufers aus § 437 Nr. 1 – Nr. 3 BGB bzw. aus Delikt (§ 823 BGB) Uneinigkeit. Die subsidiäre zweijährige Verjährung, soweit nicht Bauwerke (gem. § 438 Nr. 2 BGB) oder dingliche Rechte (§ 438 Nr. 1 BGB) in Rede stehen, gilt nach herrschender Lehre gem. § 437 Abs. 1 Nr. 3 BGB (seit Ablieferung des Kaufgegenstandes) für sämtliche vertraglichen Mängelansprüche, auch aus Mängelfolgeschäden.

Problematisch ist dies insbesondere bei der Handhabung sogenannter »Weiterfresserschäden«, also solcher Fälle, in denen eine mangelhafte Kaufsache (oder ein Teil davon) zu einem über den Mangel hinausgehenden Schaden am Eigentum des Käufers führt. Der BGH, nunmehr der VIII. Zivilsenat im Urteil v. 24.11.1976 (VIII ZR 137/75, BGHZ 67, 359 = NJW 1977, 379 »Schwimmerschalter«), im Anschluss daran aber auch der VI. Zivilsenat im »Gaszugfall«, bejaht für diese Fälle einen Deliktanspruch, allerdings nur, wenn Mangel und Schaden nicht »stoffgleich« seien.

Solche Stoffgleichheit liege insbesondere dann nicht vor, wenn der mangelhafte Bauteil nur mit erheblichem Aufwand trennbar oder eine Mängelbeseitigung nur mit unwirtschaftlichem Aufwand möglich sei. Ein die Deliktshaftung ausschließender »Vertragsschaden« liege vor, wenn nach wirtschaftlicher Betrachtung nicht der erkennbare Einzelteilmangel, sondern der Unwert der Gesamtsache aufgrund dieses Mangels im Vordergrund stehe.

Streit in der Literatur entzündet sich insbesondere an der Frage, ob / inwieweit die Durchsetzung deliktischer Ansprüche des Käufers dem Verkäufer das Recht auf Nacherfüllung (§ 439 BGB) nehme.


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