Die Schlüsselfigur des Bausachverständigen vor Gericht
In nahezu jedem Bauprozess, der sich mit Mängeln beschäftigt, ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens unerlässlich und kann nur durch diese Gutachten entschieden werden.
Dies ist vor allem deshalb so, da häufig komplexe technische Sachverhalte zu beurteilen sind, die die allgemein anerkannten Regeln der Technik oder den Stand der Technik und Wissenschaft berücksichtigen und einem Gericht in der Regel die hierfür erforderliche Sachkunde fehlt. In derlei Bauprozessen lässt sich die Tätigkeit des Sachverständigen im Wesentlichen in zwei Bereiche aufteilen. Zum einen kann der Sachverständige für die Erstellung eines Parteigutachtens beauftragt werden. Zum anderen wird der Sachverständige regelmäßig im Rahmen der Erstellung des unabhängigen, gerichtlich beauftragten Sachverständigengutachtens als Strengbeweis im Rahmen eines Beweisbeschlusses tätig.
Beide Tätigkeiten verfolgen dabei ggf. diametral entgegengesetzte Interessen. Das Parteigutachten soll den Vortrag der Person, die sich auf das Gutachten beruft, im besten Falle bestätigen und untermauern. Das gerichtlich bestellte Gutachten hingegen soll dem Gericht als Entscheidungshilfe dienen, über Mängelansprüche befinden zu können. Im Rahmen von Bauprozessen stellt der Sachverständige daher eine zentrale Rolle für den Ausgang des Rechtsstreits dar. Darüber hinaus hat der Sachverständige auch maßgeblichen Einfluss auf die Dauer und den Fortgang eines Verfahrens.
1. Rechtliche Grundlage des Sachverständigengutachtens
Der Sachverständige schuldet in aller Regel einen werkvertraglichen Erfolg im Sinne des § 631 BGB.
Die Sachverständigenleistung muss also ein bestimmtes, vorher vereinbartes Ziel erreichen. Im Gegensatz zum Dienstvertrag ist daher nicht nur ein Bemühen über einen bestimmten Zeitraum geschuldet, sondern ein bestimmter, vorher vereinbarter Erfolg. Üblicherweise sind unter anderem die folgenden Verträge als Werkverträge einzustufen:
- Verträge zur Schadensfeststellung
- Verträge in Bezug auf Wertgutachten
- Verträge zur Feststellung von Mängeln an einem Bauvorhaben
- Verträge zur Erstellung von Sanierungsgutachten
Das heißt selbstverständlich nicht, dass der Sachverständige nicht auch im Rahmen eines Dienstvertrages tätig werden kann. Dies ist eben der Fall, wenn nicht ein konkreter Erfolg geschuldet ist, sondern die zeitliche Komponente im Vordergrund steht. Davon ist dann auszugehen, wenn der Sachverständige bauvorbereitend oder baubegleitend tätig ist und insoweit dem Bauherrn beratend zur Seite steht. In diesem Fall soll der Sachverständige gerade nicht für den jeweiligen Erfolg einstehen. Üblicherweise sind u.a. folgende Verträge als Dienstverträge einzustufen:
- Prüfung eines Grundstückes für den potenziellen Erwerber
- Untersuchung eines Kaufobjekts auf offensichtliche Mängel innerhalb eines bestimmten Zeitraumes ohne Eingriff in die Bausubstanz
Die Einordnung des Sachverständigenvertrages in Dienst- oder Werkvertrag ist dabei von entscheidender Bedeutung. Denn der Dienstvertrag seinerseits kennt bereits keine Mängelrechte. In Entsprechung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist jedoch der Vertrag mit dem Sachverständigen in aller Regel eher ein Werkvertrag. Daran ändert auch nach Auffassung des BGH beispielsweise der Umstand nichts, dass der Sachverständige nur stichprobenartige Untersuchungen vornehmen soll. Eine derartige Untersuchung genügt demnach bereits für die Annahme eines Werkvertrages und damit einhergehenden Mängelrechten.
Daraus folgt, dass für den Fall, dass ein Gutachten mangelhaft ist, der Besteller zunächst Nacherfüllung verlangen kann, den Sachverständigen also unter Fristsetzung dazu auffordern kann, das Gutachten noch einmal bzw. mangelfrei zu erstatten, §§ 634, 635 BGB. Kommt der Sachverständige dieser Aufforderung innerhalb der angemessenen Frist nicht nach, kann der Besteller es auf Kosten des Sachverständigen von einem Dritten erstatten lassen, §§ 634, 637 BGB. Überdies gibt es noch die Möglichkeit der Minderung, des Rücktritts und des Schadensersatzanspruches (siehe hierzu § 634 BGB in Verbindung mit § 636 und § 638 BGB).
Den ganzen Beitrag können Sie in der Juni-Ausgabe von »Bausachverständige« lesen.
Informationen zur Abo-Bestellung
Diesen Beitrag finden Sie auch zum Download im Heftarchiv.