BauSV 1/2025


Top-Thema


Vladislava Zdesenko, Igor Zarva


Befangenheit von Sachverständigen

Überblick, Rechtsprechung und Rechtsfolgen


Die Besorgnis der Befangenheit von Sachverständigen ist ein zentrales Thema in der gerichtlichen Praxis. Sachverständige spielen eine Schlüsselrolle bei der Beweiserhebung und ihre Unparteilichkeit ist für eine gerechte und ausgewogene Entscheidungsfindung essenziell. Dabei reicht bereits der Anschein der Parteilichkeit, um einen Ablehnungsgrund nach § 406 ZPO zu begründen.

Die rechtlichen Konsequenzen einer Befangenheit sind weitreichend: Eine erfolgreiche Ablehnung kann nicht nur die Verwertbarkeit eines Gutachtens beeinträchtigen, sondern auch den weiteren Verfahrensverlauf erheblich beeinflussen. Zugleich drohen bei unbegründeten oder verspäteten Ablehnungen nach § 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG Kostenrisiken für die ablehnende Partei.

Aktuelle Entscheidungen der Rechtsprechung illustrieren die Kriterien, nach denen Gerichte die Besorgnis der Befangenheit prüfen, und zeigen, wie wichtig eine sorgfältige Begründung und frühzeitige Geltendmachung von Ablehnungsgründen sind.


1. BGH: Keine Befangenheit durch Lehrtätigkeit bei Sparkassen-Hochschule

In einem vielbeachteten Fall hatte der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 9.7.2024 – XI ZB 25/23) darüber zu entscheiden, ob die Tätigkeit eines Sachverständigen als Lehrbeauftragter an einer Hochschule, die von einer Lobbyorganisation getragen wird, eine Besorgnis der Befangenheit begründet.

Der Sachverständige war für die Hochschule HFM tätig, die vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) getragen wird. Die Klägerin hatte argumentiert, dass dies eine wirtschaftliche und inhaltliche Nähe des Sachverständigen zum DSGV nahelege, insbesondere da er im selben Fachbereich wie ein Sparkassen-Lobbyist lehrte. Das Berufungsgericht und der BGH wiesen den Ablehnungsantrag jedoch zurück.


Begründung des Gerichts

Die wirtschaftliche Verbindung zwischen dem DSGV und der Hochschule sei nicht geeignet, die Unparteilichkeit des Sachverständigen infrage zu stellen. Seine Vergütung als Lehrbeauftragter sei gering und es bestehe keine wirtschaftliche Abhängigkeit.

Die Tatsache, dass der Sachverständige seine Tätigkeit nicht offengelegt habe, sei unbeachtlich, da diese keinen objektiven Anlass für Misstrauen gegen seine Neutralität biete.

Entscheidend sei eine Gesamtschau der Umstände, die in diesem Fall keine Anhaltspunkte für eine tatsächliche oder vermeintliche Parteilichkeit ergab.

Diese Entscheidung unterstreicht, dass die bloße Verbindung zu einer Institution, die möglicherweise einseitige Interessen verfolgt, nicht automatisch die Befangenheit eines Sachverständigen begründet. Vielmehr müssen konkrete Umstände vorliegen, die geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit zu wecken.


2. OLG Bamberg: Gemeinschaftsgutachten und persönliche Verantwortung

In einem weiteren wichtigen Fall entschied das OLG Bamberg (Beschluss vom 17.9.2024 – 4 W 41/24), dass ein Sachverständiger die Ausarbeitung eines Gutachtens durch Dritte unterstützen lassen kann, solange er seine persönliche Verantwortung für den Inhalt des Gutachtens deutlich macht.

Der Fall betraf ein Gutachten, das neben der Unterschrift des Sachverständigen auch die eines Mitarbeiters trug. Die Gegenseite argumentierte, dass dies ein Gemeinschaftsgutachten darstelle und gegen die persönliche Verantwortung des Sachverständigen verstoße. Das Gericht wies die Ablehnung zurück.


Den ganzen Beitrag können Sie in der Februar-Ausgabe von »Bausachverständige« lesen.
Informationen zur Abo-Bestellung

Diesen Beitrag finden Sie auch zum Download im Heftarchiv.

 

NEWSLETTER

Der BauSV-Newsletter bietet Ihnen alle zwei Monate kostenlos aktuelle und kompetente Informationen aus der Bausachverständigenbranche.

zur Newsletter-Anmeldung

Zurück zum Seitenanfang