BauSV 5/2024


Regelwerke

Abb. 1: Als Werkstatt genutzter Kellerraum: Liegt eine dauerhafte oder nicht dauerhafte Nutzung vor?

Charlotte Herrnstadt, Pia Haun


Abschottung bei Schimmelbefall

Aktualisierung des Schimmelleitfadens durch das Umweltbundesamt (UBA) – Streichung der Nutzungsklasse IV


Ein Themenblock der 26. Pilztagung des Verbands Deutscher Baubiologen (VDB e.V.) und des Bundesverbands Schimmelpilzsanierung (BSS e.V.) in Kooperation mit dem Umweltbundesamt und dem Deutschen Holz- und Bautenschutzverband (DHBV e.V.) in Bad Soden befasste sich mit Abschottungsmaßnahmen bei Schimmelbefall als Alternative zur Schimmelbeseitigung. Seit Einführung des Nutzungsklassenkonzepts im Schimmelleitfaden 2017 waren in der Praxis Tendenzen zur Forcierung von Abschottungsmaßnahmen beim Umgang mit Schimmelbefall in Gebäuden festzustellen.

Das hatte zu kontroversen Diskussionen in Fachkreisen und zur kritischen Auseinandersetzung insbesondere mit der Nutzungsklasse IV geführt. Explizit die raumhygienische Betrachtung von Abschottungen führte letztendlich zu der Entscheidung des Umweltbundesamts, die Nutzungsklasse IV mit Wirkung ab dem 01.01.2024 ersatzlos zu streichen.


Einführung des Nutzungsklassenkonzepts 2017

Die Einführung des Nutzungsklassenkonzepts im Schimmelleitfaden 2017 hatte das Ziel, in Abhängigkeit der Nutzung betroffener Innenräume und damit der potenziellen Gesundheitsgefährdungen, Anforderungen an Schimmelsanierungen abstufen zu können. Das bedeutet, dass für Räume, die regelmäßig durch Personen genutzt werden, höhere Anforderungen gelten als in wenig oder gar nicht durch Personen genutzten Räumen. Neben raumhygienischen Überlegungen stand bei der Festlegung der Nutzungsklassen (NK), besonders der NK IV, die Forderung von Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung, mit im Vordergrund.

Dieses neu eingeführte Nutzungsklassenkonzept wurde in Fachkreisen zunächst begrüßt, aber sehr bald zeigten sich Meinungsverschiedenheiten und Kritik an dessen Auslegung und Anwendung in der Praxis. Themen waren dabei immer wieder die Zuordnung der Nutzungsklasse zum entsprechenden Raum, die Auslegung der Definition für Nutzungsklasse IV und, daran anknüpfend, die Vorgehensweise bei der Schimmelsanierung.

Seit der Veröffentlichung des Schimmelleitfadens in 2017 war in der Praxis eine Forcierung von Abschottungen als Alternative zur Schimmelbeseitigung festzustellen. Aussagen und Veröffentlichungen in der Fachpresse mit Slogans wie »Fachgerechte Sanierung von Schimmelschäden durch Abschottungen‹« oder »Abschotten – das reicht!« suggerierten, dass Abschottungen von Schimmelschäden mit deren fachgerechtem Rückbau gleichzusetzen wären und eine anerkannte Regel der Technik (a.R.d.T.) darstellen würden.


Entwicklungen seit der 24. Pilztagung 2020

Die Veranstalter der Pilztagung machten aus diesem Grund »Abschottungen bei Schimmelbefall« zum Titelthema der 24. Pilztagung 2020. Das Thema wurde aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet, angefangen von physikalischen Transportprozessen bis hin zur Dichtigkeit von Bauteilen und deren Anschlüssen in Theorie und Praxis.

Kritisch diskutiert wurde unter anderem das im Sommer 2019 veröffentlichte Forschungsprojekt des Aachener Instituts für Bauforschung und angewandte Bauphysik gGmbH (AIbau) mit dem Titel »Instandsetzung von Schimmelschäden durch Abschottung – Partikeldichtheit von Baustoffen«. Kritik wurde geübt am Untersuchungsdesign, an der Durchführung der Versuche und dementsprechend an den in der Veröffentlichung abgeleiteten Schlussfolgerungen wie z.B. den folgenden Aussagen in Kap. 8 »Zusammenfassung und Ausblick«, S. 62 ff.:

»[...] Die Beispiele zeigen, dass für Nutzer keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen entstehen, wenn innerhalb von Bauteilen Schimmel vorhanden ist, der die Baukonstruktion nicht schädigt und wenn sich der Schimmel nicht auf die Innenräume auswirkt. Auch zeigen sie, dass bereits übliche Bauteilschichten gegenüber Innenräumen abschotten. Wenn Randfugen bauüblich dicht sind und kein konvektiver Luftaustausch zwischen der Innenraumluft und den Innenbereichen von Bauteilen stattfindet, hat Schimmelpilzbewuchs in Bauteilen keine Auswirkung auf die Innenraumlufthygiene. Sofern anhaltende Geruchsbelästigungen sowie feuchtigkeitsbedingte oder biogene Materialschäden auszuschließen sind, können Schimmelschäden in Bauteilen i.d.R. auch ohne Rückbau und Ersatz durch neue Bauteile instandgesetzt werden. […]«

Nicht nur dieses Forschungsprojekt des AIBau, sondern zahlreiche Veröffentlichungen in der Fachpresse mit gleichem Tenor machten zunehmend deutlich, dass insbesondere die Auslegung der Definition der Nutzungsklasse IV dazu diente, bei der Schimmelsanierung Abschottungen als fachgerechte und vom Schimmelleitfaden getragene Alternative zum Ausbau von schimmelbefallenen Bauteilen zu forcieren und in die Praxis einzuführen. Dabei wurde eine Abschottung mit einer fachgerechten Sanierung gleichgesetzt.


Den ganzen Beitrag können Sie in der Oktober-Ausgabe von »Bausachverständige« lesen.
Informationen zur Abo-Bestellung

Diesen Beitrag finden Sie auch zum Download im Heftarchiv.

 

NEWSLETTER

Der BauSV-Newsletter bietet Ihnen alle zwei Monate kostenlos aktuelle und kompetente Informationen aus der Bausachverständigenbranche.

zur Newsletter-Anmeldung

Zurück zum Seitenanfang