Die aktuellen globalen Krisen wie der Ukraine-Krieg und der rasant zunehmende Klimawandel lassen derzeit die Preise für Energie und Lebensmittel in ungeahnte Höhen schnellen, bei der Gasversorgung droht gar ein Blackout.
Viele Verbraucher suchen daher – angefeuert durch Aufrufe aus Politik, Energiewirtschaft und Medien – nach Möglichkeiten, um Energieverbrauch und Kosten zu reduzieren. Der Wunsch nach Energieeinsparung in Wohngebäuden und öffentlichen Einrichtungen macht hier auch vor dem Trinkwasser nicht halt.
Einige Vermieter versuchen bereits, mithilfe kreativer Ideen wie der zeitweisen Reduzierung von Raum- und Warmwassertemperaturen den Kosten Einhalt zu gebieten, ohne sich jedoch der Konsequenzen im Klaren zu sein. So kann beispielsweise die Reduzierung der Warmwassertemperaturen des Trinkwassers ungeahnte gesundheitliche Konsequenzen sowie enorme Folgekosten nach sich ziehen!
Reduzierte Warmwassertemperaturen können das Wachstum von Legionellen fördern
Jeder Bürger in Deutschland hat das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Während man bei reduzierten Raumtemperaturen lediglich friert, besteht bei zu niedrigen Warmwassertemperaturen jedoch eine ernstzunehmende Gefahr für Gesundheit und sogar Leben der Benutzer! Denn bei Wassertemperaturen zwischen 25 und 50 °C besteht ein erhöhtes Risiko auf Vermehrung von Legionellen und anderen krankheitserregenden Bakterien in der häuslichen Trinkwasserinstallation.
Wenn also in der Trinkwassererwärmungsanlage die Temperatur niedriger als die in den Regelwerken vorgeschriebenen 60 °C – 55 °C eingestellt wird, kann sich aufgrund der zwangsläufigen Auskühlung auf dem Weg zur Entnahmestelle und im zirkulierenden System die Temperatur auf unter 50 °C abkühlen und dem Wachstum von Legionellen und anderen krankheitserregenden Keimen Vorschub gewähren.
Legionellen sterben erst in Temperaturbereichen oberhalb 55 °C ab, und nur bei über 60 °C geschieht das in genügend schnellem Maße. Selbst in der Fachpresse kursieren mittlerweile kuriose Meldungen, wie Zukunftsstrategien für eine energieeffiziente Trinkwassererwärmung aussehen könnten. Tatsächlich wird zwar bereits seit vielen Jahren an verschiedenen Techniken geforscht, die einen hygienisch sicheren Betrieb bei geringen Warmwassertemperaturen ermöglichen sollen.
Nach Auskunft des Umweltbundesamtes und seiner amtlichen Mitteilung zur Kollisionsregelung zwischen TrinkwV und GEG liegt jedoch bisher für keine dieser technischen Lösungen ein stichhaltiger Nachweis vor, dass sie in der Praxis ebenso sicher funktionieren wie die Einhaltung der vorgegebenen Temperaturen. Im Gegenteil – Energieeinsparung darf nicht auf Kosten einer Gesundheitsgefährdung geschehen.
Differenzierte Betrachtung erforderlich
Jede Trinkwasserinstallation mit ihrer Warmwasserbereitungsanlage ist individuell auf die Erfordernisse des Gebäudes abgestimmt und muss zum hygienisch sicheren Betrieb auch dauerhaft innerhalb dieser geplanten Rahmenbedingungen betrieben werden, um jedem Verbraucher hygienisch einwandfreies Trinkwasser zur Verfügung zu stellen.
Eine Kontamination mit krank machenden Mikroorgansimen aufgrund falsch umgesetzter Energiesparmaßnahmen muss anschließend mit erheblichem technischem oder organisatorischem Aufwand bekämpft werden, um eine Gesundheitsgefährdung der Nutzer zu verhindern.
Demzufolge sind unbedachte, laienhafte Handlungen und Eingriffe in solche Systeme für alle Nutzer des Gebäudes als gesundheitsgefährdend einzustufen und ggf. mit unkalkulierbaren Folgekosten verbunden. Will man dann die Anlage wieder in einen bestimmungsgemäßen Betrieb setzen, sind beispielsweise aufwendige Gefährdungsanalysen, Reinigungen, Desinfektionen und Sanierungen die Folge. Die Kosten hierfür können dadurch den Einspareffekt schnell übersteigen.
Ebenso wenig zulässig sind ein zeitlich eingeschränkter Betrieb der Trinkwassererwärmung mit Zirkulation (Zeitschaltuhr) oder eine Betriebsweise mit abgesenkten Temperaturen (< 60/55 °C) in zentralen Großanlagen. Neben den gesundheitlich-hygienischen Risiken und entgegen der landläufigen Meinung wirkt eine tägliche temporäre Temperaturabsenkung letztendlich kaum energiesparend, da für eine spätere Temperaturerhöhung ungleich mehr Energie eingesetzt werden muss.
Mögliche Lösungen aus dem Dilemma
Bereits mit Beginn der SARS-CoV-2 Pandemie informierte der DVQST e.V. im Frühjahr 2020 Verbraucher und Fachwelt über die besonderen Anforderungen der Trinkwasserhygiene im Zusammenhang mit der Nichtnutzung von Gebäuden und über die Anforderungen an eine fachgerechte Wiederinbetriebnahme mit dem Beginn der Lockerungen.
Konkrete Anforderungen und Hilfestellungen zur Außer- und Wiederinbetriebnahme von Trinkwasserinstallationen bietet die Expertenempfehlung VDI/DVQST EE 3810 im Blatt 2.1. Eine fachgerechte Außerbetriebnahme von Trinkwasserinstallationen oder Teilen davon in Gebäuden obliegt ausschließlich geschultem Fachpersonal, welches zuerst feststellt, was im individuellen Fall möglich ist, und darüber informiert, welche Auswirkungen und Maßnahmen ggf. im späteren Betrieb erforderlich sind.
Wird in einem öffentlichen Gebäude oder auch in Großanlagen z.B. über einen längeren Zeitraum kein Warmwasser benötigt, kann das Warmwassersystem durchaus vollständig abschaltet werden. Hierbei sollte jedoch für eine aktive Auskühlung durch Ausspülen von Warmwasserspeicher und Rohrleitungen mit Kaltwasser gesorgt werden, da bei langsamem Auskühlen in den kritischen Temperaturbereichen zwischen 20 und 50 °C ein Bakterienwachstum gefördert wird.
Der Grundsatz »Wasser muss fließen« gilt jedoch auch für Anlagen, die nur teilweise außer Betrieb genommen werden sollen. Hier muss überall im System ein regelmäßiger Wasseraustausch stattfinden, damit kein Wasser in den Leitungen steht (stagniert) und seine Trinkwasserqualität verlieren kann.
Das bedeutet, dass auch bei abgeschalteter Trinkwassererwärmung die Zirkulationspumpe weiterhin für eine Umwälzung des Wassers sorgen und auch das (dann kalte) Wasser der Warmwasserleitungen regelmäßig durch Entnahme oder Spülung ausgetauscht werden muss. Das Ausspülen der Leitungen ist dabei keine Wasserverschwendung, sondern nur die notwendige Simulation der bestimmungsgemäßen Nutzung.
Kleinere Anlagen, z.B. Wohnungen mit Gasthermen, Durchlauferhitzer oder Kleinspeicher, sind in Bezug auf potenzielle Energieeinsparung durchaus im Vorteil. Diese können mit wenig Aufwand auch zeitweise außer Betrieb genommen werden.
In jedem Fall gilt: Wenn über mehrere Tage hinweg kein Warmwasser benötigt wird, ist es besser, die Erwärmung komplett abzuschalten, als sie bei niedrigen Temperaturen weiterlaufen zu lassen.
Am meisten Energie kann jedoch gespart werden, wenn die Leitungen und Einbauteile ordnungsgemäß gedämmt sind, wenn klein dimensionierte Anlagen verbaut werden und die Systeme richtig einreguliert sind und instand gehalten werden.
Unser Tipp: »Sparen Sie Energie an der richtigen Stelle«:
- Lassen Sie Warmwasser beim Zähneputzen oder an der Spüle nicht zu lange laufen.
- Reduzieren Sie die Duschtemperatur an der Armatur um 2 °C.
- Reduzieren Sie die Duschzeit und -häufigkeit.
- Lassen Sie Trinkwassererwärmer reinigen und temperaturhemmende Kalkablagerungen entfernen.
- Ersetzen Sie groß dimensionierte Warmwasserspeicher durch kleinere Modelle oder Durchflusstrinkwassererwärmer.
- Lassen Sie alte, überdimensionierte Zirkulationspumpen gegen effizientere Modelle austauschen.
- Lassen Sie Warmwasserleitungen mit ihren Einbauten ordnungsgemäß dämmen.
Wenn Sie es schaffen, aus 15 min Duschen bei 40 °C nur noch 5 min bei 38 °C zu machen, sparen Sie immens viel Energie und Wasser, und das bei gesundheitlich sicheren Warmwassertemperaturen von 55 bis 60 °C. Um langfristig einen nachhaltigen, wirtschaftlichen und damit energiesparenden Betrieb von Warmwasseranlagen zu gewährleisten, ist eine regelmäßige Instandhaltung unabdingbar.
Verkalkte Wärmetauscher, überdimensionierte Anlagen und Leitungen, alte Pumpen, hydraulisch nicht abgeglichene sowie unzureichend gedämmte Trinkwasserinstallationen führen zu unnötig hohem Energieverbrauch und zu unnötig hohen Energiekosten. In diesem Zuge tragen technische Verbesserungen der Anlage erheblich dazu bei, die vorhandenen Energiequellen effizienter zu nutzen.
Bei Neubauten, Generalsanierungen und dergleichen sollte auf eine schlankere Dimensionierung und Verlegung von Rohrleitungen und Trinkwassererwärmer geachtet werden. Kritisch hinterfragt werden sollte ebenso die Anzahl von Waschbecken, Badezimmern oder Duschanlagen.
Fazit
Energie sparen bedeutet nicht zwangsläufig auch Kosten sparen. Energie sparen kann nur, wer überlegt und informiert handelt. Unüberlegte Eingriffe, wie z.B. die Absenkung der Warmwassertemperaturen, kann langfristig nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Gesundheit teuer zu stehen kommen.