Kalksandstein für Klimaschutz
Mit methanotrophen Bakterien beimpfte Kalksandstein-Recyclinggranulate wandeln das klimaschädliche Deponiegas Methan in weniger schädliches CO2 um. (Bild: Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V.)
  • 08.12.2021

Fünf Gründe, warum kein Klimaschützer auf Kalksandstein verzichten darf!

Weniger Energie, weniger CO2, weniger Abfall – seit 2020 müssen Bauabfälle in der EU zu 70 Prozent wiederverwertet werden. Ausschließlich aus natürlichen Rohstoffen bestehend, eröffnet Kalksandstein vielfältige zukunftsfähige Recyclingmöglichkeiten – und bietet damit gute Voraussetzungen für geschlossene Stoffkreisläufe.

Nach Angaben des Bundesverbandes Baustoffe – Steine und Erden e.V. wird Bauschutt aus Kalksandsteinmauerwerk bereits zu 94 Prozent stofflich verwertet. Deklariertes Ziel der Kalksandsteinindustrie: eine Recyclingquote von 100 Prozent durch geschlossene Stoffkreisläufe. Um dies zu erreichen, hat die Forschungsvereinigung Kalk-Sand e.V. in Kooperation mit Kalksandsteinherstellern, Recyclingunternehmen und Abbruchbetrieben bereits in den vergangenen Jahren zahlreiche zukunftsweisende Projekte zu den Recyclingmöglichkeiten von Kalksandstein durchgeführt.

So wurden neue Anwendungsbereiche erschlossen und weitere Verwertungspfade identifiziert. »Im Rahmen unserer Forschungsprojekte konnten wir zeigen, dass es selbst für Kalksandsteinmaterial aus dem Rückbau von Bestandsgebäuden viele hochwertige Recyclingwege gibt«, so Dr. Wolfgang Eden, Leiter Forschung und Technologie beim Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V.


Mit Kalksandstein zu Kalksandstein 2.0

Dass der in den Werken anfallende Produktionsbruch wieder in den Herstellungsprozess zurückgeführt wird, ist in der Kalksandsteinindustrie gelebte Recyclingpraxis. Doch wie hoch darf der Anteil sein, ohne Qualitätseinbußen in Kauf nehmen zu müssen? Bis zu zehn Prozent der Primärrohstoffe können im Regelfall problemlos durch Recyclingmaterial ersetzt werden. Allerdings muss es sich dabei um sortenreines Material handeln, das völlig frei von Verunreinigungen ist. Nur dann ist die erneute Herstellung von Kalksandsteinen in gleicher Qualität möglich.

Erste Hersteller entwickeln bereits Verfahren zur serienmäßigen Herstellung von Recycling-Kalksandsteinen. »Weder produktions- noch produktseitig weisen die Recyclingsteine irgendeinen Nachteil im Vergleich zu herkömmlichen Steinen auf. Wenn das Verfahren Serienreife erreicht hat, werden auch die Produktionskosten nahezu gleich sein«, ist sich Dr. Hannes Zapf, Geschäftsführender Gesellschafter der Zapf GmbH & Co. KG, sicher. Ein vielversprechender Ansatz, der dazu beiträgt, Ressourcen zu schonen, Energie einzusparen und CO2-Emissionen weiter zu senken.


Mit Kalksandstein zu emissionsärmerem Beton

Auch bei der Herstellung von Beton kann Kalksandstein-Recyclingmaterial ein Innovationstreiber sein. Beton ist einer der wichtigsten Baustoffe in Deutschland. Laut Recherchen des Handelsblatts von 2019 wurden 34 Millionen Tonnen Beton verbaut und dabei 20 Millionen Tonnen CO2 emittiert.

Wie sich die umweltbelastenden Auswirkungen von Beton minimieren lassen, wird intensiv erforscht. Ein vielversprechender Ansatz könnte die Zugabe von Füllstoffen aus Kalksandsteinrezyklaten sein. In einem Forschungsprojekt mit der Universität Kassel konnte die Hypothese bestätigt werden, dass Beton, dem Kalksandstein-Recyclingmaterial als Füllstoff zugefügt wurde, mit einem reduzierten Zementgehalt herstellbar ist. Möglich wird dies durch die im Kalksandstein-Rezyklat befindlichen Calciumsilikathydrat-Phasen (CSH-Phasen).

Die während der Dampfhärtung in Autoklaven entstehenden CSH-Phasen verleihen Kalksandstein die erforderliche Festigkeit und verfügen über ähnliche Stoffeigenschaften wie Zement. Im Rahmen des Projekts hat sich gezeigt, dass sich die Betonqualität bei einer Zugabe von zehn Prozent Kalksandsteinrezyklat nicht verändert. Wird der Beton ausschließlich im Innenbereich eingesetzt, wo moderate Festigkeiten ausreichend sind, kann der Anteil auch auf 20 Prozent erhöht werden. Laut DIN EN 4226-101 wären je nach Anwendungsfall sogar bis zu 35 Prozent erlaubt.

Beton mit rezykliertem Kalksandsteinantei
Beton mit rezykliertem Kalksandsteinanteil kommt mit weniger klimaschädlichem Zement aus, weil die CSH-Phasen des Kalksandsteins über ähnliche Stoffeigenschaften verfügen (© Bimolab gGmbH)


Mit Kalksandstein zu weniger schädlichen Deponien

Kalksandstein kann auch die Abfallwirtschaft nachhaltig verändern. In Abfalldeponien entsteht Methan – ein Treibhausgas, das etwa 25-mal schädlicher ist als CO2. Methan entsteht durch den mikrobiellen und chemischen Abbau von organischen Stoffen. Diese klimaschädlichen Abbauprozesse finden schwerpunktmäßig in den 144 in Deutschland auf Siedlungsabfall spezialisierten Deponien statt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts werden hier pro Jahr mehr als 50 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle entsorgt.

Laut Professor Gerhard Rettenberger, dem ehemaligen Leiter des Instituts für Abfallwirtschaft und Materialressourcen an der Fachhochschule Trier, gasen selbst stillgelegte Deponien noch mindestens 20 Jahre lang Methan aus. In Laboruntersuchungen und mit Vor-Ort-Versuchen auf der Blocklanddeponie in Bremen konnte gezeigt werden, dass Gemische aus Kalksandstein- und Porenbetongranulaten als Träger für methanabbauende Mikroorganismen geeignet sind.

Diese wandeln das klimaschädliche Methan in das vergleichsweise weniger schädliche CO2 um. Kalksandstein- und Porenbeton-Recyclinggranulate, die mit methanotrophen Bakterien beimpft sind, können also zu einer deutlichen Reduzierung von stark klimaschädlichen Methanemissionen beitragen und Abfalldeponien damit ein Stück weit sauberer machen.


Mit Kalksandstein auf neuen Wegen

Mehr Kalksandsteinreste im Straßenbau sind ebenso denkbar. Pro Jahr fallen zwischen fünf und sieben Millionen Tonnen Kalksandsteinbruch aus dem Gebäudeabriss an. Da im Regelfall nur zehn Prozent sortenreines Abbruchmaterial zur Herstellung von Recyclingkalksandsteinen verwendet werden kann, müssen auch andere Wege der Wiederverwertung beschritten werden. Ein möglicher Weg ist zum Beispiel der Einsatz im Straßenbau.

Bis 2030 sollen laut Angaben des Bundesverkehrsministeriums 1.741 Autobahnkilometer neu gebaut werden. Hinzu kommen regelmäßige Sanierungen am rund 830.000 Kilometer umfassenden Bestandsstraßennetz. Bislang ist der Anteil von Kalksandsteinrezyklaten im Straßenbau auf fünf Prozent begrenzt. In einem Forschungsprojekt konnte bereits nachgewiesen werden, dass eine Erhöhung des Kalksandsteinanteils auf bis zu 40 Prozent durchaus möglich ist. Die Untersuchungsergebnisse aus den Laborversuchen werden aktuell auf einer Erprobungsstrecke unter Realbedingungen getestet.


Mit Kalksandstein zu klimaresilienten Städten

Kalksandstein spielt auch im städtischen Klimawandel eine wichtige Rolle. Immer häufiger auftretende Wetterextreme wie Starkregen und Rekordsommer machen deutlich, dass beim Bauen neben dem Klimaschutz verstärkt auch die Klimaanpassung in den Fokus rücken muss. So sind begrünte Dächer eine Möglichkeit, um Städte klimaresilienter zu machen. Sie können große Wassermengen speichern, Gebäude vor Überhitzung schützen und für saubere Luft sorgen.In einem Forschungsprojekt wurde belegt, dass sich rezykliertes Kalksandstein-Material aufgrund seiner physikalischen und chemischen Eigenschaften sehr gut als Vegetationssubstrat für Dachbegrünungen eignet.

Dies lässt sich auch auf die Straßen übertragen. In einem weiteren Projekt wurde untersucht, inwieweit der Einsatz von rezyklierten Gesteinskörnungen aus Kalksandstein zur vegetationstechnischen Bodenverbesserung im Bereich von Verkehrsflächen beitragen kann. Im Straßenbau wird der Boden häufig so stark verdichtet, dass die Pflanzen im angrenzenden Grünstreifen kein ausreichendes Wurzelsystem ausbilden können und somit nicht hinreichend mit Wasser versorgt werden.

Erste Versuche haben gezeigt, dass sich der Wasserhaushalt von Böden durch den Einsatz von rezyklierten Gesteinskörnungen aus Kalksandstein deutlich verbessert. Mit einer maximalen Wasserspeicherkapazität von bis zu 20 Prozent kann Kalksandstein dazu beitragen, dass Straßengrün auch in hochverdichteten Böden besser gedeiht.

Kalksandstein ist also nicht reiner Baustoff, sondern leistet durch seine vielfältigen Weiterverwertungsmöglichkeiten einen erheblichen Beitrag zur Klimaneutralität.


Über den Bundesverband

Der Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V. (BV KSI) mit Sitz in Hannover vertritt die wirtschafts- und sozialpolitischen Interessen von 76 Kalksandsteinwerken im Bundesgebiet. Mit einem Organisationsgrad von über 95% ist er das Sprachrohr der zweitgrößten deutschen Mauersteinindustrie. Das wirtschaftspolitische Aufgabenspektrum reicht von wirtschaftlichen über technische bis hin zu rechtlichen Themen. So arbeitet der BV KSI beispielsweise in zahlreichen Gremien im Normungsbereich mit. Sozialpolitisch stehen die Zusammenarbeit mit den Berufsgenossenschaften sowie die Unterstützung bei Tarifverhandlungen im Vordergrund. Seit der Gründung ist es das Ziel des Verbandes, die Interessen seiner Mitgliedsunternehmen zu bündeln, zu unterstützen sowie neue Perspektiven zu eröffnen.

 

Kalksandstein-Dienstleistung GmbH
Entenfangweg 15
30419 Hannover
Telefon: 05 11 279 54-0
Telefax: 05 11 279 54-67
E-Mail: info(at)kalksandstein.de
Internet: www.kalksandstein.de


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